Clean Eating

Gespräch mit Nadia Damaso: Schon wieder so ein Foodtrend?

Frisch, möglichst regional und selbst gemacht – das sind die Grundpfeiler von Clean Eating. Eine, die diesen Lifestyle lebt – und damit ihr Geld verdient –, ist die junge Engadiner Kochbuchautorin Nadia Damaso. Wir haben sie zum Gespräch getroffen.
Nadia Damso, Kochbuchautorin eat better not less
"Eat better not less" ist Nadia Damasos Botschaft an die Welt. Mit ihren Büchern will sie die Menschen dazu inspirieren, sich Zeit fürs Kochen und Essen zu nehmen. Fotos: Instagram - Nadia Damaso

Internet und Zeitschriften sind voll mit Diäten und Tipps zum Abnehmen. Für viele sind Diäten aber nicht in den Alltag integrierbar, ausserdem bedeuten sie Verzichte und verlangen Durchhaltevermögen. Gleichzeitig droht der Jo-Jo-Effekt, sobald man nachlässig wird.

Auch Nadia Damaso wollte ursprünglich Gewicht verlieren, als sie anfing, eigene Rezepte zu entwickeln und entdeckte für sich das Clean Eating. Für Nadia bedeutet das, frische, vollwertige Zutaten zu verwenden, die ihr Energie geben und sie sich gut fühlen lassen. Auf den Tisch kommen keine industriell verarbeiteten Lebensmittel, kein Weissmehl und kein raffinierter Zucker.

«Selbst in der Küche wirken, auch wenn man nicht viele Zutaten zu Hause hat», lautet ihr Credo. Und das will Nadia mit ihren Büchern in die Welt hinaustragen: Sie möchte inspirieren und die Leserinnen und Leser dazu anregen, selbst und frisch zu kochen. «Man wird immer am kreativsten, wenn man nichts zu Hause hat. Dann geht es darum, etwas Mut zu haben und einfach zu machen. Es kann nicht immer superfein sein, das ist bei niemandem so, auch bei keinem Spitzenkoch.»

Keine blosse Nahrungsaufnahme

Im Zentrum stehen der Genuss und das Bewusstsein für das Essen und den Körper. Die Ausrede, im Alltag keine Zeit zum Einkaufen und Kochen zu haben, lässt Nadia nicht gelten. «Man hat immer Zeit dafür, wofür man sich die Zeit nimmt.»

Was Clean Eating von einer Diät unterscheidet: Fast alles ist erlaubt. Darauf legt Nadia Wert und gönnt sich hin und wieder eine Pizza – mit einem selbstgemachten Teig aus Vollkornmehl. Mit ihrer Art, sich zu ernähren, könne sie alles machen, egal ob Pizza, Pasta oder Burger. Wichtig sei nur, auf gesunde und frische Alternativzutaten zu setzen. Fastfood habe sie sich abgewöhnt.

Wer sich über Clean Eating informiert, findet auch Regeln, die es zu beachten gilt, etwa, jeden Tag zu frühstücken, regelmässig zu essen und auf gewisse Nährstoffkombinationen zu achten. Doch das will Nadia ihren Leserinnen und Lesern nicht auferlegen. «Ich mache keine Vorschriften. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was richtig ist. Gewohnheiten und Regeln sollen stets hinterfragt werden, um für sich selbst die Wahrheit dahinter zu finden.»

Clean Eating ist nicht einfach eine Art, sich zu ernähren, es ist ein Lifestyle. Bei Nadia zieht sich dieses Konzept durch; in ihren Büchern, die sie grösstenteils selbst gestaltet, und auf ihrem durchgestylten Instagram-Kanal. Sie nutze Instagram sehr bewusst und poste lieber weniger, dafür ausschliesslich Bilder, hinter denen sie stehen kann. Sie will Emotionen wecken. «Wenn ich etwas anrichte, ist es, als würde ich malen. Ich würde mich nie als Foodbloggerin bezeichnen, ich bin Kochbuchautorin oder Foodkünstlerin. Es kommt einfach aus mir raus. Essen ist für mich wie Kunst, und deshalb hat auch das Anrichten einen sehr hohen Stellenwert.»
Nadia pflegt in ihren Büchern eine Bildsprache, bei der sich Farben wiederholen. Die Zutaten müssen farblich zusammenpassen. Aus diesem Grund sieht man in ihrem neuen Kochbuch «Eat better not less – Around the World» fast keine Tomaten, weil ihr rot als Farbe einfach nicht zusagt. Tomaten würden aber wegen ihres hohen Vitaminanteils und der niedrigen Kalorienzahl unbedingt auf den Clean-Eating-Speiseplan gehören.

Ein Lifestyle - und sonst?

Der Erfolg gibt Nadia recht. Auf der Bestseller-Liste hat sie Superstar Jamie Oliver überholt, und sie darf sich über eine grosse Community aus der ganzen Welt freuen. Sie sagt, dass es ihr weder um Follower- noch um Verkaufszahlen gehe, sondern nur darum, die Menschen zu inspirieren, ihnen mit dem, was sie macht, Freude zu bereiten. Sie will sie dazu aufrufen, nicht alles zu glauben, was Werbung und Lebensmittelindustrie uns weismachen wollen.

Nadia Damaso ist mit Anfang 20 den Weg in die Selbstständigkeit gegangen und hat sich entschieden, voll auf die Koch-Karte zu setzen. Das braucht Mut. Aber auch eine Menge Glück. Wir befinden uns in einer Zeit, in der sich viele mit Ernährung und ihrem Körper auseinandersetzen. Social Media sind ein wichtiges Sprachrohr, das viele Menschen erreicht. Das kommt Nadia zugute. Der nächste Foodtrend wird Clean Eating bald ablösen. Was bleibt dann für Nadia? Sie ist sich dessen bewusst und sagt, dass für sie nur zähle, jeden Tag alles zu geben – für sich selbst, nicht für andere. «Alles, was ich mache, kommt aus meiner Authentizität und ich teile bloss einen Teil meiner Kreativität online. Es kommt, was kommt. Das Einzige, was ich plane, ist mir selbst treu zu bleiben.»
Das ist lobenswert. Doch nur mit Selbsttreue kann man keine Rechnungen bezahlen und sich den teuren Clean-Eating-Lifestyle, der auf Bio-Produkte und hochwertige Zutaten aus dem Reformhaus setzt, kaum leisten.

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