Handlungsvollmacht

Handlungsvollmacht ist nicht nur eine Option für Privatleute

Handlungsvollmacht, Vorsorgevollmacht und weitere derartige, in weiser Voraussicht verfasste Schriftstücke sind heutzutage unentbehrlich. Sich zukünftig in guten Händen zu wissen, wenn körperliche und/oder geistige Einschränkungen auftreten, ist durchaus lohnend. Bei Handlungsvollmachten gibt es allerdings eine Fülle an Kriterien zu beachten, damit dieser Schritt im Nachhinein nicht bereut wird und Anlass zu Ärgernissen gibt. Daher kann es sich als sinnvoll erweisen, sich rechtzeitig mit diesem Anliegen zu beschäftigen.
Handlungsvollmacht

Handlungsvollmacht – schwieriger als angenommen

Ausgehend von dem reinen Synonym sind Handlungsvollmachten sozusagen Vollmachten für das Ausführen bestimmter Handlungen. Vollmachten enthalten eine Ermächtigung einer anderen Person, im Namen oder mit dem Einverständnis des Vollmachtgebers spezielle Vorhaben in die Tat umzusetzen. Sie legen fest, welche Aufgaben oder Vertretungen der Bevollmächtigte oder Vollmachtnehmer übernehmen darf. Anders erklärt, könnten Handlungsvollmachten als Handlungslegitimation oder als Handlungsbefugnis bezeichnet werden. Im kaufmännischen oder gewerblichen Fachjargon werden Handlungsvollmachten mit Prokuration oder Kreditive genannt.
Grundsätzlich sind Handlungsvollmachten nicht an bestimmte Formen gebunden. Kaufleute erteilen oftmals unterschiedliche Handlungsvollmachten. Einerseits beinhaltet diese den Betrieb des kompletten Gewerbes (Generalhandlungsvollmacht), andererseits die Ausführung spezieller Geschäfte (Arthandlungsvollmachten) und weiterhin die Vornahme einzelner geschäftlicher Aktivitäten.
In der Praxis wird zwischen allgemeinen und betrieblichen oder betriebswirtschaftlichen Handlungsvollmachten unterschieden. In Anlehnung an das Handelsgesetzbuch werden:

  • Generalvollmacht
  • Arthandlungsvollmacht
  • Spezialvollmacht
verwendet.
Einige Handlungsvollmachten sind sowohl im gewerblichen und im privaten Bereich von Vorteil. Das gilt hauptsächlich für die Generalvollmachten.
Ausschliesslich für den Privatgebrauch sind die:
  • Vorsorgevollmacht
  • Bankvollmacht
sowie diverse Verfügungen wie die:
  • Sorgerechtsverfügung
  • Patientenverfügung
von Bedeutung.
Durch die Arthandlungsvollmachten ist der Vollmachtnehmer berechtigt, nur spezielle Geschäfte auszuüben, die in jedem Fall gewerbetypisch sein müssen. Innerhalb eines bestimmten Handelsgewerbes ist die Handlungsvollmacht eine zu erteilende Bevollmächtigung, die nicht Prokuration gleichgesetzt wird. Mit einer Vollmacht ist das Recht verbunden, die Vertretung für den Vollmachtgeber zu übernehmen.
Generalvollmachten ähneln in der Betriebswirtschaft der Prokuration, haben jedoch Einschränkungen. Mit Generalvollmachten sind nur die jeweils branchenüblichen Vorhaben gemeint. Sie schliesst jedoch alle üblichen Geschäfte eines Unternehmens ein.
Eine Spezialhandlungsvollmacht richtet sich nach dem Bedarf und ist ausschliesslich für eine Geschäftsaktivität erteilbar. Vor der Überlassung der Spezialhandlungsvollmacht wird eine genaue Konkretisierung vorgenommen.
Mit Handlungsvollmachten oder allgemeinen Handlungsvollmachten sind hauptsächlich die gewerblichen Vollmachterteilungen gemeint. Natürliche Personen geben zunächst einfach eine Vollmacht.
Je nachdem, welche Zielstellung mit einer Handlungsvollmacht erreicht werden soll, kann bereits eine entsprechende Vorauswahl getroffen werden. Am weitreichendsten sind die Generalvollmachten. In ihr werden ausser Anliegen aus dem Erb- und Familienrecht alle anderen Befugnisse erteilt. Generalvollmachten als Handlungsvollmachten eignen sich für den Fall einer kompletten Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers.

Seriöse Zweckbestimmung von Handlungsvollmachten

Nutzt der Vollmachtnehmer seine Handlungsbefugnisse zuungunsten des Vollmachtgebers aus, muss er mit Konsequenzen rechnen. Nicht nur dem Vollmachtgeber gegenüber ist der Vollmachtnehmer Rechenschaft und Verlässlichkeit schuldig. Er handelt gleichfalls rechtsverbindlich im Namen des Vollmachtgebers nach aussen. Beispielsweise bei Banken, in Geschäften oder bei Behörden. Vollmachten und Handlungsvollmachten dürfen nicht missbraucht werden.
Gerade im Gewerbe ist es selten, dass ein einziger Geschäftsführer alle Vorgänge aktiv allein bestreiten kann. Auch Handlungsreisende agieren immer von ihrem Hauptsitz aus. Daher sind Handlungsvollmachten in der Geschäftswelt die unabdingbaren Voraussetzungen für eine erfolgreiche Unternehmensführung (unter anderem Prokuration, Duldungsvollmacht, Einzelvollmacht).
Private Vollmachten unterliegen meist simplen Richtlinien und Absprachen. Da Vollmachten alltägliche Vorgänge sind, sind die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Zivilrecht festgelegt.

Handlungsvollmachten sind kein Freibrief

Ohne Handlungsvollmachten sind Unternehmen nicht betriebsfähig. Private Personen wären hilflos ohne eine bevollmächtigte Vertretung. Trotz dieser positiven Aspekte sind Handlungsvollmachten keine Instrumente, die unbegrenzte Gültigkeit haben. Bevollmächtigte sind sogar mit Generalvollmachten eingeschränkt. Grenzen werden durch die Gesetzgebung gesetzt. Handlungsvollmachten haben in betriebswirtschaftlicher Hinsicht den Vorteil, dass sie zur Vermeidung des Zusammenbruchs des Unternehmens beim Ausfall des Managements oder der Geschäftsleitung beitragen. Handlungsübertragungen sind sozusagen eine strategische Vorkehrung.

  • Private Generalvollmachten berechtigen nicht zu willkürlichem Freiheitsentzug, zu einer sogenannten unterbringungsähnlichen Massnahme und zur Behandlung mit beruhigenden Arzneimitteln ohne gerichtliche Zustimmung (Vollmachtgeber wird im Pflegeheim mit Zustimmung des Bevollmächtigten mit Bettgurt fixiert)
  • Bevollmächtigten ist es laut § 54 Absatz 2 Handelsgesetzbuch untersagt, Grundstücke zu belasten oder zu veräussern (neues Haus kaufen oder Bestellungen über ein vereinbartes Limit zu tätigen)
  • Vollmachtnehmer dürfen keine Wechselverbindlichkeiten eingehen und keine Kredite aufnehmen (ohne zusätzliche Befugnis nicht möglich)
  • Handlungsvollmachten verbieten die Führung eines Prozesses in Vertretung (Bevollmächtigte geben sich als Kläger gegen einen Arbeitnehmer mit fristloser Kündigung aus)
  • Übertragung der Handlungsbefugnis an Dritte ist nicht gestattet (Bevollmächtigter hat Urlaub und gibt Handlungserlaubnis an weitere Arbeitnehmer ab)
Soll über die Vollmacht ein Grundstück veräussert werden, Wechselverbindlichkeiten vereinbart und ein Darlehen aufgenommen oder hinsichtlich einer Prozessführung gehandelt werden, ist eine ausdrückliche Übertragung dieser Befugnisse notwendig.

Abgrenzung zwischen Handlungsvollmacht und Prokura

Prokura ist hauptsächlich aus der Betriebswirtschaft geläufig. Handlungsvollmachten können Prokuration einschliessen, müssen aber nicht zwangsläufig. Personen, die Handlungsvollmachten innehaben, wurde nicht automatisch Prokuration erteilt. Prokuristen müssen nicht unbedingt alle Handlungsvollmachten besitzen.

Prokuristen sind nicht bevollmächtigt:

  • jährliche Firmenbilanz zu unterschreiben
  • neue Gesellschafter aufzunehmen
  • das Geschäft aufzulösen
  • Grundstücke zu veräussern

Gängig sind die Gesamt- und die Filial- sowie die Einzelprokura. Wichtig sei an dieser Stelle der Hinweis auf die Begriffe Innen- und Aussenverhältnis. Im sogenannten Innenverhältnis haben Handlungsvollmachten die Berechtigung zwischen dem Vollmachtgeber und dem Vertreter. Im Aussenverhältnis gelten verschiedene gesetzliche Vorgaben für die Handlungsvollmachten.
Prokuristen bedürfen für ihre Arbeit immer der ausdrücklichen Erteilung durch den Geschäftsführer und der Verankerung im Handelsregister. Nur ein Kaufmann ist befugt, Prokuration zu erteilen. Der Prokurist kann den Kaufmann damit im Handelsverkehr vertreten und mit entsprechender Rechtssicherheit agieren.
Handlungsvollmachten stellen nur eine begrenzte Version der im Handelsrecht üblichen Vertretungsmacht dar. Handlungsvollmachten können durch Stillschweigen (konkludent) oder ausdrücklich erteilt werden. Handlungsvollmachten werden laut Gesetz nicht im Handelsregister eingetragen. Prokura ist nicht auf eine andere Person übertragbar. Handlungsvollmachten können mit Zustimmung auf eine andere Person übergehen. Prokuristen haben gegenüber Handlungsbevollmächtigten einen geringeren Handlungsspielraum.

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Die häufigsten Fragen zur Handlungsvollmacht und hilfreiche Hinweise

Wer würde eine Handlungsvollmacht benötigen?

Handlungsvollmachten sind wichtige Instrumente für das Management eines Unternehmens, für Kaufleute und für Geschäftsführer. Inhaber oder Betreiber eines im Handel angesiedelten Gewerbes sowie dessen gesetzlich berechtigte Vertreter, Prokuristen sowie der Vorstand eines Unternehmens gelten als Erteilungsberechtigte für Handlungsvollmachten. Im privaten Bereich werden Handlungsvollmachten durch natürliche Personen oftmals Angehörigen, professionellen Fachkräften wie amtlichen Betreuern oder anderen vertrauenswürdige Personen erteilt.

Wie werden Handlungsvollmachten erteilt?

Nach § 45 I des Handelsgesetzbuchs hat jeder Kaufmann oder Minderkaufmann die Berechtigung zur Erteilung einer Handlungsbefugnis. Das kann unter anderem durch Stillschweigen oder durch einfaches Dulden geschehen. Prokuration kann nur durch einen Kaufmann gegeben werden. Nichtkaufleuten kann keine Prokura erteilt werden. Wurde Prokuration von einem Nichtkaufmann erteilt, kann dieses jederzeit in eine Handlungsvollmacht umgewandelt werden.

Wann sind Handlungsvollmachten angebracht?

Liegt der Bedarf nach einer gesetzlichen Vertretung in verschiedenen Einsatzbereichen vor, dann sind Handlungsvollmachten für das Tätigen von Geschäfts- oder privaten Besorgungen ideal. Handlungsvollmachten gewährleisten in der Wirtschaft einen reibungslosen Ablauf. Unter Privatleuten ist mit Handlungsvollmachten eine Übernahme zahlreicher Aufgaben in Vertretung verbunden. Das ist sinnvoll, wenn eine Überforderung besteht oder der Zeitrahmen nicht für die Erledigung aller Arbeiten ausreicht.

Wie endet die Handlungsvollmacht?

Handlungsvollmachten spielen oftmals bei Arbeitsverträgen und Anstellungsverhältnissen eine zentrale Rolle. Endet das bestehende Rechtsgeschäft, ist auch die Vollmacht nichtig. Enden beide Konstellationen oder lehnt der Bevollmächtigte die Erlaubnis ab, erlöschen gleichzeitig die Handlungsvollmachten. Weitere Beendigungsgründe sind ein Insolvenzverfahren, die Beendigung einer Unternehmensexistenz oder ein Widerruf. Dieselben Auswirkungen auf Handlungsvollmachten hat die Schliessung eines Geschäfts oder das Ableben des Vollmachtgebers.

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